Die Welt des Noguchi Taiso

Noguchi Taiso (Taiso heisst auf japanisch Gymnastik) wurde von Michizo Noguchi (1914-1998), geboren in der Präfektur Gunma in Japan, entwickelt. Nachdem er als Assistenzprofessor an der Gunma Normal School und am Tokyo Physical Education College gearbeitet hatte, wurde er Professor an der Tokyo University of Arts. Als emeritierter Professor unterrichtete und entwickelte er seine Technik weiter bis zu seinem Tode. Noguchi Taiso war vor allem in den Sechziger- und Siebzigerjahren sehr beliebt und bekannt unter den japanischen SchauspielerInnen. Da einige von ihnen später zum Butoh kamen, hat seine Technik auch dort Spuren hinterlassen.

Noguchi über seine Arbeit

  • Gymnastik ist der Vorgang, der die Natur, den Menschen und das Selbst untersucht.
  • In Noguchi Taiso dreht sich alles um die Philosophie des Körpers, die ich anhand meiner eigener Anschauung über Mensch und Natur erschaffen habe.
  • Ob bewusst oder nicht bewusst, verändert sich die Art und Weise wie der Mensch lebt und sich seinem Körper zuwendet, aufgrund seines Körperverständnis und seiner Wertvorstellungen.
  • In Noguchi Taiso wird nach dieser Körperanschauung, Wertvorstellung und Sinn für Ästhetik nicht anhand der menschlichen Definition derselben sondern anhand den Prinzipien der Natur geforscht.
  • Die Wertvorstellung von Noguchi Taiso beruft sich auf die Zeit vor der Geburt der Wertvorstellung und Sinn für Ästhetik des Menschen.
  • Gymnastik bedeutet, die bisher undeklinierten Sinnesfähigkeiten ausfindig zu machen, sie aufzuziehen und ihrem Inhalt entsprechend zu definieren.
  • Gymnastik ist der Vorgang welcher der Entstehung der Wörter (inbegriffen der Abstrakten) nachgeht, was immer zu einem direkten Erlebnis verbunden mit dem Körper führt, und so den Sinn der Wörter aufgrund des Herausfinden des wahren Gefühls dieses direkten Erlebnisses reformiert.
  • Gymnastik ist der Vorgang der den bisher unbezweifelten und gewöhnlichen Platz der einzelnen Körperteilen und deren Funktion (Rolle) und Beziehung, gänzlich amputiert, und die so völlig durcheinander geratenen Körperteile und ihre Rolle, total verantwortungslos und unbekümmert, neu zusammenstellt. Die so zusammengestellten Körperteile und ihre Rolle anhand der Bewegung des Körpers einzeln zu überprüfen und aufgrund dieser Arbeit frische, tiefsinnige Leitbilder zu erschaffen.

Noguchi Taiso in der Praxis

In Noguchi Taiso (Taiso heisst auf Japanisch Gymnastik) wird aufgrund der eigenen Bewegung als Anhaltspunkt und somit der eigenen persönlichen Wahrnehmung, das Selbst und die Natur erforscht. Nicht das bewusst kontrollierte Ausführen einer Bewegung ist das Ziel, sondern die individuelle Wahrnehmung von der Veränderungen im Körperinnern. Die dadurch entstehende Sensibilisierung der Sinne, verbessert die automatische Kontrolle der fundamentalen Bewegungen in alltäglichen Handlungen. 
 Anhand verschiedener Modellen wie Hammer, Peitsche, Feder oder auch Materialien, erforschen wir die natürlichen Prinzipien (Spirale, Welle, Schwerkraft, usw.), die der Bewegung zu Grunde liegen. Dies ermöglicht uns eine bequeme, gut anfühlende Bewegung. Nicht die Muskeln sind Hauptakteur dieser Bewegung, sondern das eigene Körpergewicht und seine Gegenreaktion aufgrund der Schwerkraft. Die dadurch entstehende Kraft unterscheidet sich grundsätzlich von der üblichen Definition von Kraft; nämlich der Fähigkeit sich den Kräften der Natur (wie z.B. der Schwerkraft) zu widersetzen. Vielmehr ist Kraft die Fähigkeit, die das gesamte Selbst der eigentlichen Natur so nahe wie möglich bringt.

Noguchi über die Bewegung

  • Die in diesem Augenblick auftretende Zahl der arbeitenden (gespannten) Muskeln einer bestimmten Bewegung, betragen das nötige Minimum, wiewohl auch die Zeit und das Mass der Spannung, das nötige Minimum haben sollte.
  • Die Gesamtmenge an Spannungsenergie der Muskeln, sollte nicht nur gering sein, sondern je mehr die Zeit fortschreitet, sollten viele Muskeln abwechseln und zusammenarbeiten wobei das Leitbild (eines nach dem anderen, hintereinander der Reihe nach) des Arbeitstimings äusserst wichtig ist.
  • Die Voraussetzung die obigen Bedingungen zu erfüllen sind: gut locker sein, das heisst, der Körper sollte in winzige Teilchen zerlegt werden, so dass die Verbindung frei sein kann.
  • Als Resultat sollte eine Bewegung mit folgenden Eigenschaften entstehen: Bequem, leicht und nicht ermüdend, ausserdem sollte es als wirksamer Reiz zur Aktivierung der Muskelfasern und auch als bester Reiz zur erwünschten sogenannten Stärke führen.
  • Bewegung besteht aus dem Fluss des Gewichts.
  • Die Bewegung ist (hart, kantig, zackig) bedeutet, dass das Leitbild vom Ort (Raum), Zeit und Energie zwischen dem Teil A und dem Teil B im Körperinnern, diese Beziehung nicht verändern kann.
  • Während dem Festhalten an einer bestimmten Körperform, kommt es anhand der Bewegung des Auflösen nur schwer zu einem wirklich guten Zustand. Die Frage ob der Körperinhalt flüssig oder nicht ist, beinhaltet das Wesentliche (hängender- herunter hängender Zustand). In dem Moment wo der Inhalt flüssig geworden ist, kann zum ersten Mal der Inhalt anhand des Gewichts, im positiv/freundlichen Sinne erfasst werden.